Gleich die erste Nacht in Kambodscha verbrachte ich in einem Tempel. Ich hatte einen Mönch auf gut Glück gefragt und durfte mich in der Versammlungshalle einrichten. Am nächsten Morgen um halb sieben wurde ich von einem Mann geweckt, der neben meinem Zelt ein riesiges Megafon aufhing. Kurz darauf ging laute Musik los. Ab diesem Augenblick war schlagartig alles voller Leben. Eine Gruppe alter Leute kam und brachte Essen für die Mönche, Schulkinder fuhren mit ihren Rädern übers Gelände und Tiere rannten herum. Ich war zum Frühstück eingeladen, aber vorher rezitierte der Mönch eine Stunde lang Sutras. Währenddessen übergaben wir ihm Essen und Räucherstäbchen. Er nahm vor uns die ersten Bissen, aber dann aßen alle gemeinsam ihr Frühstück. Ich zeigte meine inzwischen schon abgegriffenen Fotos von zu Hause herum und wir kommunizierten ein bisschen per Übersetzungssoftware. Nach dem Frühstück packte ich meine Sachen, verabschiedete mich von Allen und rollte weiter, bald ging der Asphalt in eine Staubpiste über.
Kambodscha ist flach wie ein Teller. Waren nicht gerade Bäume am Straßenrand, was eher selten ist, konnte man endlos weit ins Land hineinblicken. Die ersten Tage fuhr ich kleine Nebenstraßen, meist nicht asphaltiert. Die Verhältnisse erinnerten mich oft an Laos. Nicht wohlhabend, aber auch kein blankes Elend. Einen Zeltplatz zu finden war oft nicht so leicht. Da es weder Bäume noch Erhebungen gibt, ist man quasi immer zu sehen und schnell war man dann von Schaulustigen umringt. Das ist natürlich nachvollziehbar, aber je länger meine Reise dauerte, desto weniger Nerven hatte ich dafür. Stets der Exot zu sein, bringt ein starkes Gefühl der Isolation mit sich.
Alte Autoreifen sind in Südostasien als Baumaterial weit verbreitet. Besonders umgebaut als Mülleimer, oder rot-weiß bemalt und mit Beton gefüllt als Straßenbegrenzung, sieht man sie überall. Doch dieser Laden auf meinem Weg nach Angkor Wat und sein Handwerk stellten eine kreative Ausnahme dar.
Mit Angkor Wat war es so eine Sache. Immer wieder hieß es, dass man es einfach nicht auslassen dürfe. Möglich war das aber nur, wenn ich auf eine Reise entlang des Küstenstreifens und durch das Kardamomgebirge verzichten würde, denn auch sechs Monate sind begrenzt und die Zeit würde beides nicht mehr hergeben. Seit Dezember hatte ich mich mehrfach hin und her entschieden und schließlich war ich, nur zu einundfünfzig Prozent überzeugt, bei Angkor Wat geblieben. So suchte ich mir in Seam Reap (die Stadt bei Angkor Wat) ein Hostel, doch schon am ersten Abend änderte sich das Programm, mir wurde kotzübel. Die letzten Tage gab es immer Nudelsuppe an einem der eher seltenen Straßenstände und das Fleisch war stets roh in die heiße Brühe gekommen. Wenn es zu blutig war, habe ich es nicht gegessen, aber die Brühe hatte wohl gereicht… Lebensmittelvergiftung im 12-Personen-Schlafsaal. Ich blendete die Kosten aus, besorgte mir ein Einzelzimmer und nach einigen Tage ging es wieder. Also die 37$ Eintritt für einen Tag Angkor Wat gezahlt und rein da bei 40 Grad. Es war schon interessant, aber tja, ob man es nun gesehen haben muss. Leider wird einem ohne bezahlten Führer fast nichts erklärt und es ist sehr voll. Wenn man sich für alte Steine begeistern kann, ist es sicher das Richtige. Später fand ich heraus, dass das Kardamomgebirge einer der letzten intakten Urwälder Südostasiens ist, mit einmaliger Flora und Fauna und kaum Tourismus. Im Nachhinein wäre das sicher die bessere Entscheidung gewesen.
Kurz hinter Seam Reap machte ich einen Zwischenstopp an einem von Affen besetzten Tempel. Ich musste das Fahrrad für außer Augen lassen, um eine Runde herumzuschauen. Obwohl ich alles soweit es ging affensicher verpackt hatte, riss gerade einer eine Nudelsuppe aus meinem Gepäck, als ich zurückkam. Ein Weiterer saß auf dem Lenker meines Fahrrads. Ich versuchte ihn zu verscheuchen, aber er fauchte mich nur bösartig an. Ein Hieb mit der Lenkertasche in die fiese Visage vertrieb ihn dann. Das erste Bilder der Folgenden zeigt, wie ein Affe aussieht, dem man mit der Kamera zu nahe kommt.
Dann war nach nur fünf Wochen die Zeit in Kambodscha auch schon vorbei. Von Seam Reap rollte ich noch eine weitere Woche durch völlig flaches Land, immer auf dem Standstreifen der Autobahn. Das Zelten hatte ich aufgegeben. Zum einen war es sehr schwer ungestört zu bleiben, zum anderen ist das Grenzgebiet zu Thailand die Region mit der höchsten Gefahr durch Minen.