Dreihundertneunundachtzig kommasechssechs Kilometer von Humene nach Iwano Frankiwsk

Nach gefühlt einer Million Planänderungen wo die nächste Reise hingehen soll (Ölfelder von Myanmar, Argentinien, Iran zum Ashurafest, Lesotho, Marokko, Albanien, Weissrussland, Transnistrien, Albanien, Deutschland, Rumänien, Slowakei) sind es jetzt die ukrainischen Karpaten geworden. Die Anreise war perfekt. Mein Bus Leipzig-Wien startete am So. 4.8 auf die Minute pünktlich, einmal Umsteigen in Wien, in Bratislava Wechsel in den Nachtzug nach Humene in der Slovakei. Wie im Fahrplan angekündigt kam ich auf die Minute pünktlich am Montag 6.35 Uhr an.
Im Tesco-Supermarkt besorgte ich noch Proviant und packte auf dem Parkplatz alles startklar.

Um 11 rollte ich los und bog am sofort ersten Abzweig falsch ab, bemerkte das aber erst zwanzig Kilometer später. Seis drum es sind ja fast drei Wochen Zeit. Am Nachmittag, noch in der Slowakei, wurde ich von Majo auf einen Kaffee eingeladen. Er züchtet Pferde und wohnt mit seiner Familie in einem wunderschönen Holzhaus mitten im Wald. Wir schwatzten eine Weile auf der Veranda dann rollte ich höher in die Berge. Vorher im Tal hatte mich ein Radfahrer vor Bären gewarnt…Nachts hing ich den Proviant ein Stück vom Zelt entfernt in einen Baum.

Am nächsten Tag erreichte ich den Grenzübergang in die Ukraine und wusste nicht so richtig ob ich inoffizielle „Gebühren“ würde zahlen müssen. Prophylaktisch trennte ich das Bargeld vom Pass und steckte mir zwei Zehner in die Brusttasche. Es wäre nicht nötig gewesen. Mit dem ganz einmaligen Gesichtsausdruck aus Unwillen, Verachtung und demonstrativen Desinteresse den ich schon bei vielen Grenzern gesehen hab schmiss die Beamte mir den gestempelten Pass zurück auf die Tischplatte und ich durfte (offiziell als Auto) einreisen. Schon im vorraus hatte ich gelesen, dass die Strassen in der Ukraine viele Schlaglöcher haben und es ging auch sofort damit los. Die Wälder aber waren genauso wunderschön und unberührt wie in der Slowakei.

Ich folgte zwei Tage der Strasse H13, bekam von Frau Kirchberg Gurken geschenkt und redete mit einem alten Mann beim Eisessen der vor der Wende als Soldat in Dresden stationiert gewesen war. Dann verliess ich die 13 und folgte dem Fluss Stry vorbei an Feldern die mit dem Pferd gepflügt wurden und einer lange Kette abgelegener Dörfer nur verbunden durch Schotterwege und Überreste von Asphaltstrassen.

Mit dem Erreichen der Stadt Stry war es erstmal vorbei mit den Bergen, die Ebene begann. Das merkte man vorallem am Wetter, hatte es zuvor täglich geregnet, gewittert und maximal dreißig Grad gehabt, war jetzt fast durchgehend blauer Himmer und Nachmittags wurde die vierzig Grad Marke erreicht. Kurz vor Stry Stadt schlief ich am Ufer des Flusses weit abseits der Hauptstrasse wo ich wohl kaum gestört werden würde, doch da lag ich falsch. Gegen 23 Uhr näherte sich lautstark der erste Laster der (ich vermute mal illegal, warum sonst diese Zeit) im Flussbett Kies lud. Ich lag mit dem Zelt nur drei Meter neben dem Weg am oberen Ende der Böschung. Als der Laster also voll mit ein paar Tonnen Kies zurück kam gab er drei Meter neben meinem Kopf vollgas und qäulte sich die Böschung hoch während die Schweinwerfer das Zelt taghell erleuchteten. Ich war zu faul zum Umziehen und dachte jedes Mal das wirds doch jetzt gewesen sein, es wiederholte sich sechs Mal so bis gegen halb 2…

Von Stry waren es dann nochmal zwei Tage bis Iwano Frankiwsk. Die Landschaft war nur noch ganz leicht hügelig mit vielen landwirtschaftlich ungenutzen Flächen. Das schlägt sich offensichtlich positiv in Flora und Faune wieder. Jede Wiese ist randvoll mit Blütenpflanzen, überall Bienen, Raubvögel, Störche. Am 10.8 rollte ich in die Stadt ein wo kühler Kwass und ein Bett im acht Personenschlafsaal auf mich warteten.

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