In Iwano Frankiwsk merkte ich nach der ersten Nacht im richtigen Bett, dass ich erledigter bin als gedacht. Dementsprechend war nicht viel mit Sightseeing und ich verbrachte den Tag mit Lesen, Liegen und Essen. Ausserdem gibt es in einer Stadt immer recht viel zu tun, neue Vorräte kaufen, die weitere Route mit dem schnellen Internet planen, Blogbeiträge schreiben…
Da es im Hostel keine Waschmaschine gab, funktionierte ich einen der wasserdichten Packsäcke zum Waschsack um, füllte ihn mit Kleidung, Dreck, Wasser und Waschmittel, rollte das Ganze zehn Minuten auf dem Boden der Dusche herum und braune Fluten ergossen sich daraus. Am Montag den 12.8 packte ich dann alles aufs Rad und stellte erst jetzt fest, dass der nette Chef vom Hostel auch Fotograf ist, zumindest ein bisschen konnten wir noch quatschen. Es folgten zwei Tage durch die Ebene, die Berge der Karpaten immer rechts von mir.
In fast jedem Dorf östlich der Karpaten gibt es ein Denkmal zum Gedenken an die Gefallenen der Weltkriege. Oft sind sie ein schönes Mittelding zwischen Kunst und Verfall.
Ein Höhepunkt der Reise fand ganz unerwartet statt. Ich fotografierte gerade eines der Denkmäler als eine Frau an mich herantrat die ein bischen Deutsch konnte. Galina Chitan ist Autorin und Bibliothekarin in Vyshnivtsi. Sie hat Literaturwissenschaften studiert und für eines ihrer acht Bücher bereits eine Medaille bekommen. Das alles erzählte sie mir bei einer Tasse Brunnenwasser aus dem Blecheimer neben ihren Schreibtisch als sie mich durch ihre Bibliothek führte (der Ziehbrunnen ist direkt bei der Bibliothek). Sie ist eine Art Dorfchronistin die mir mit ihren Deutschkenntnissen so viel wie möglich zum Ort erzählte und alte Sachen sammelt. Am schönsten fand ich ein Heiligenbild bei dem ein gemaltes Blumengesteck beschädigt war. In liebevoller Handarbeit hat Galina aus Katalogen Blumen ausgeschnitten und daraus ein neues Gesteck auf das Bild geklebt. Zum Abschied bekam ich ihr aktuelles Buch mit persöhnlicher Widmung zum Geschenk. Wir haben uns beide sehr gefreut, dass wir uns kennen gelernt haben.
Schliesslich kamen die Berge wieder näher und die Straße stieg wieder an. Es wurde für drei Tage mal ziemlich regnerisch mit 12 Grad und Dauerniesel. Alles war die ganze Zeit klamm und morgens in die nass-kalten Klamotten vom Vortag zu steigen kostete zumnehmend Überwindung. Aber da trockene Kleidung am Abend wichtiger ist und ich aus Gewichtsgründen nur zwei Garnituren mit habe gibt es keine Alternative. Dem Lauf der Lybnytsya folgend errreichte ich am 15.8 den höchsten Punkt der Reise auf knapp 1000 Metern.